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Anglizismen!
Laufsport ist einfach und simpel – und das liebe ich an diesem Sport.
Man braucht wenig technischen Schnickschnack oder besondere Kenntnisse: Laufen
kann fast jeder, wenn auch auf unterschiedlichen Niveaus.
Da scheint es dem einen oder anderen Läufer aber doch in den
Fingern zu jucken, sich von der breiten Läufermasse abzuheben. Wie
macht man das? Zum Beispiel durch die Nutzung von Fachvokabular.
Da auch hier der Laufsport wenig hergibt und im Vergleich zum
Fußball spezielle taktische Ausuferungen wie die
„abkippende 8“ oder der „asymmetrische Schienenspieler
auf links“ nicht angewendet können, müssen Anglizismen
her.
Wenn nichts mehr geht, spricht der Fachmann gerne mit
intelligent anmutenden englischen Vokabeln, die am Ende nicht
bedeutungsvoller sind, aber vermutlich den Anschein von
Wissen und Kenntnis vorspielen – und dabei die Gegenüber doch
oftmals ratlos dastehen lassen.
Beispiele gefällig? Gerne. Fangen wir einfach an: Cool-down und
Warm-up sind Anglizismen, die etabliert sind und niemanden mehr
überraschen und selbsterklärend sind. Damit kann noch jeder leben,
denn sie lassen niemanden rat- und verständnislos zurück. Wenn es
zu trivial erscheint, kann man Anglizismen auch abkürzen, um so
etwas mehr Verwirrung zu erzeugen. Ein Klassiker ist „PB“ für
„Personal Best“, wobei in diesem Fall persönliche Bestzeit auch
passt.
Das reicht natürlich noch nicht aus, um sich zu profilieren.
Weiter oben im Vokabelregal liegt da schon der Begriff des
„Taperings“. Wörtlich übersetzt heißt Tapering verjüngen. Beim Laufen geht
es darum, vor einem Wettkampf die Trainingsbelastung oder -ausdauer zu
reduzieren. Nun, an sich keine Raketenwissenschaft. Mit der Methode des
logischen Denkens kommt man schon drauf, dass intensive Intervalleinheiten
kurz vor dem nächsten Marathon nicht zielführend sind, aber mit Hilfe
des Begriffs „Tapering“ unterstreicht man nochmal, dass man wirklich Ahnung
hat. Gleich dahinter kommt der „Shake out Run“, wörtlich also der
„Ausschüttellauf“. Nichts anderes als eine kurze, sehr lockere und entspannte
Einheit unmittelbar vor dem nächsten Rennen.
Wahre Fetischisten für Anglizmen treffen beim Weitsprung mittlerweile das
„Take-off Board“ und trainieren Intervalle im „oval track“.
Wenn aber Anglizismen nicht mehr reichen, kann man immer noch ins Schwedische
abdriften. Der schwedische Trainer Gösta Holmer hat vor fast 100 Jahren den
Begriff des „Fartlek“ etabliert. Damit ist das Fahrtspiel gemeint, also der
Lauf in variierenden Geschwindigkeiten. Die Nutzung des Begriffs erfreut sich
meiner Meinung nach immer mehr Beliebtheit, obwohl Fahrtspiel doch eine sehr
gute Übersetzung ist.
Der Trend des Anglizismus hat meiner Meinung nach den Ursprung im
Fitnesssport. Auch hier scheinen windige Marketingleute auf die Idee gekommen
zu sein, dass man nur durch Anglizismen vom muffigen 80er-Jahre-Image der
Trimm-Dich-Pfad-Generation wegkommt. Also spricht man nicht mehr vom
Hampelmann oder Liegestütze, sondern von Burpees, Jumping Jacks, Plants, Dips
und Push-ups. Und schon rennt die Instagram-Gemeinde im trendigen Outfit in
die Fitnessstudios und lässt sich vom Drill-Instructor anschreien.
Nicht falsch verstehen: Sprache entwickelt sich, und vielfach machen englische
Begriffe sogar mehr Sinn, weil sie verständlicher sind. Aber bitte übertreibt
es nicht, künstliche Begriffe zu nutzen, die am Ende mehr verwirren als
helfen. Wir sind doch nur Läufer und keine Spinner! Oder?
Mit läuferischen Grüßen
Klaus
Lieber Klaus, du sprichst mir aus dem Herzen. Ich lese deine Kommentare gerne, diesen habe ich mit besonderem Genuss gelesen. 🙂