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KLAUS KOMMENTIERT –DIE LAUF-KOLUMNE
Laufen ist keine Frage des Alters –zumindest nicht für Harriette Thompson!
Fisch schwimmt –Vogel fliegt –Mensch läuft. Mit dieser Formel hat es Emil Zatopek, mehrfacher tschechischer Olympiasieger in verschiedenen Laufdisziplinen,auf den Punkt gebracht. Aber wie lange läuft man eigentlich? Gibt es ein Rentenalter auch für Läufer? Mit 65 Jahren endet in der Regel das Arbeitsleben und man geht in den Ruhestand. Schon der Begriff „Ruhestand“ ist aber merkwürdig, zumindest aus Läufersicht. „Ruhe“ und „Stand“ist sicherlich nicht das, was wir uns als Läufer wünschen. Wir möchten uns bewegen, laufen, rennen und keinesfalls stehen bleiben, auch im Alter nicht. Daher gibt es auch keinen Grund, ein Rentenalter für Läufer zu definieren. Die Altersklassen ab M60 bzw. W60 sind bei den meisten Läufen nach wie vor sehr gut besetzt und nicht selten geht es bei den Teilnehmern bis in die Altersklasse M80/W80. Eine enorme Leistung, die man nicht hoch genug bewerten kann.
Was aber nun im kalifornischen San Diego passiert ist, schlägt alles. Harriette Thompson absolvierte im Alter von 92 Jahren einen Marathon. Es war nicht ihr ersterund auch nicht ihr schnellster, aber nun ist sie die älteste Frau, die je einen Marathon gelaufen ist. Eine unglaubliche Leistung. Natürlich, die meisten Marathonläufer sind Spätstarter, oftmals erst mit 40 Jahren oder noch älter. Ich kann mir jedoch beim besten Willen und allem Optimismus nicht vorstellen, in mehr als 50 Jahren immer noch die Laufschuhe zu schnürenbzw. dann sogar einen Marathon zu laufen.
Die Distanz zu schaffen ist es alleine schon wert, Harriette Thompson zur Sportlerin des Jahres zu küren. Hinzu kommt für mich aber noch ein weiterer entscheidender Punkt: Harriette Thompson scheint ihr Leben und alle Dinge rund ums Laufen sehr gelassen, zufrieden und ohne Hadern und Zaudern zu nehmen. Treffe ich andere Läufer häufig im besten Läuferalterzwischen 40 und 50 sind wir im Gespräch meist nach nicht einmal 5 Minuten bei der aktuellen Liste der Wehwehchen und Verletzungen. Das Knie, die Wade, Muskelprobleme sowieso und am Ende der Nachtrag, dass man in dem Alter auch nicht mehr so viel reißen kann. Die guten Zeiten seien nun mal vorbei. Auch beim Rennen und Wettkämpfen wird im Ziel grundsätzlich unterstrichen, dass man im Vorfeld aufgrund der vielen Probleme im Grunde gar nicht trainieren konnte und noch am Vortag gezweifelt hatte, ob ein Start überhaupt Sinn macht.
Harriette Thompson scheint das alles zu ignorieren. Sie geht mit 92 Jahren an den Start und läuft ihren Marathon. Im anschließenden Interview verliert sie kein einziges Wort über Verletzungen und Probleme. Sie sagt nur, dass es von Jahr zu Jahr schwerer wird. Ein Blick in ihr Gesicht verrät jedoch gleichzeitig, dass der Marathon in San Diego nicht der letzte für sie bleiben soll. Diese Frau beeindruckt mich umso mehr, weil sie unlängst starke Schicksalsschläge hinnehmen musste. Ihr Mann ist gestorben und sie hatte mit einer Krebserkrankung zu kämpfen. All das hat Harriette Thompson, vielleicht sogar dank des Laufens, weggesteckt. Und sie geht noch einen Schritt weiter und sammelt Spendengelder für die Krebsforschung. Großartig!
Was können wir am Ende vom Harriette Thompson lernen? Nun, es sind mehrere Dinge: zum einen zeigt sie eindrucksvoll, dass man nie zu alt ist fürs Laufen. Zudem denke ich, viele von uns machen sich selber viel zu viel Druck. Es stellt sich wieder einmal die Frage nach dem Ergebnis-oder Erlebnislauf. Harriette Thompson hat diese Frage eindeutig beantwortet. Ihr Marathon war sicherlich ihr größterErlebnislauf. Und ganz nebenbei ist sogarnoch ein super Ergebnislauf dabei herausgekommen. Sie ist Weltrekordhalterin und sicherlich auch noch Siegerin des San Diego Marathons in Ihrer Altersklasse W90!
Mit sportlichen Grüßen
Läufer Klaus
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